Liebe Dr. Bronft,
Ich weiß jetzt wie sich ein Nervenzusammenbruch anfühlt. Nach Todessehnsucht! Aber keine Sorge: jetzt bin ich der glücklichste Mensch der Welt. Diese langweilige Geschichte, die sie gleich lesen werden, geht so:
Ich habe meine Spint-Tür in der Stabi aufgemacht. Eine Tätigkeit, die mit immer schon Schwierigkeiten bereitet hat — ich meine diese kleinen Schränke, in die nur ein Bruchteil meines alltäglichen Repertoires hineinpasst (Fahrradtasche, Wasserflasche, Bob-der-Baumeisterinnen-Fahrradhelm, Bücher, Jacke, Oberteil, Netzteil….MacBook Air, verschiedene Vibratoren) und dann braucht man auch noch das passende Kleingeld, das passende Gefühl die Tür zuzumachen, ohne dass ein Fahrradgurt dazwischen klemmt und was auch nicht unwichtig ist, den richtigen Spint: Einen, der tatsächlich funktioniert. Einen, der sich tatsächlich mit einer Leichtigkeit absperren lässt, nachdem man extra ein Zwei bzw. Ein-Euro Stück aufgehoben hat und es eben nicht für Kaffee vorher ausgegeben hat.
Ich entscheide mich immer für einen Spint mit Macken. Und fast immer für Kaffee. Ich bekomme nie den richtigen Spint, auch nicht in den zahlreichen Schwimmbädern, die ich zwecks extremen Entspannungsbedürfniss (z.B. nach den zahlreichen Sitzungen mit meinen Patient_innen) wöchentlich aufsuche. Da klappt es dann mit der Karte nicht, welche die Euro-Münzen ersetzen soll. Die Karte passt nicht in den Schlitz. Die Karte will nicht mehr hinaus. Die Karte klemmt…der Schrank lässt sich nicht absperren.
Verehrte Dr. Bronft, das ist nicht unwichtig. Schließlich zeigt das den individuellen Versagerinnen-Kontext auf, der sich in so kleinen Dingen, wie einer Schranktür materialisieren kann. Naja, Dr., schließlich habe ich eine Pause gemacht, um mir schnell mal meine Arschhaare ausreissen zu lassen! Verstehen Sie? Der anale Druck , die pornografisierte Menschheit, die Hygiene, das Po-Ritzen – ganz klar.
Da macht so ein hoch begabtes Ding wie ich Pause, um sich von einer Ost-Europäischen Dame den Hintern waxen zu lassen. Von einer Dame, die keinen Mindestlohn bekommt, dafür zahlreiche behaarte Allerwerteste sieht. Und ich Igitt Yvette nenne mich Feministin und Anti-Kapitalisitin? Beides spricht dagegen! Dagegen spricht auch, dass ich weiterhin Menschen zu therapieren versuche, denen vermitteln will, dass sich alles dekonstruieren lässt. Nur eben Arschhaare nicht (Vor allem meine, Frau Dr. Bronft, bei Ihnen auch?). Ich kann den Menschen doch keine Ratschläge mehr geben, ob und wie sie sich gegenüber wen und was verhalten, handeln und sprechen sollen, wenn ich es selbst nicht weiß? Deswegen antworte ich einfach nicht mehr…auf Anrufe, Anfragen und vor allem Emails!
Aber weiter in diesem für sie sicher langweiligen Plot. Ich komme wieder in die Stabi um die Selbst-Optimierung weiter voranzutreiben und mache diese Schranktür auf. Da spüre ich schon das Unheil. Der Schrank sieht luftig aus. Sau-luftig um genau zu sehen. Die leere Hülle des Mac-Book Airs brennt sich auf meine Netzhaut. Das Notruf-Mantra (Ganz ruhig alles in Ordnung) verhallt in puren Schmerz, als der Griff in die Fahrradtasche auf raue Kunststoffoberfläche trifft. Atemnot, Herzrasen, Schweiß und völlige Verzweiflung. Dieser kleine schmale Computer ist mein Herz-Hirn. Verstehen Sie Dr.? Ich bin sofort in den Hysterie-Modus und von dort mit Tränen in den Augen zu einer Dame, die “Pforte und vielleicht haben Sie Glück” gemurmelt hat, zu einem Pförtner, der auf meine Frage, die ganz tief aus einem unbekannten Teil meines Selbst gepresst hat, das trocken und fad klingt und ganz sicher Mundgeruch hat: “Ist bei Ihnen ein Rechner, ein Mac-Book-Air abgegeben worden?” Der Mann lächelt. Ich will ihn Knutschen!!
“Da haben Sie aber Glück, letzte Woche ist eines geklaut worden.”
Happy End Frau Doktor, nicht wahr? Und wenn Sie den oder die Finderin finden will ich mich gerne vor Freude in den Dreck werfen und weiteres (z.b. darin herumtollen)
Ihre IgittYvette
P.S. Kann ein Rechner zu einem Körperteil werden?