Kommentar: Pirat-innen Ahoi…

Blub, blub…wäre vielleicht besser. Ist ja kein neues Thema “Piratenpartei” und Gender bzw. “Feminismus.” Sollte man in diesem Zusammenhange wahrscheinlich nicht erwähnen, das klingt wahrscheinlich zu sehr nach ,Entern in Strickstrumpfhosen’ und dialoger Unfähigkeit.

Die Taz
und der Spiegel haben die Pressemitteilung von Lena Simon diskutiert. Darin kündigt die Piratin eine geschlossene Mailingliste für Frauen an. Nur ,Frauen’ dürfen partizipieren. Ausgerechnet, wo doch die Piratenpartei beim Eintritt in die Partei nicht nach Dingensens zwischen den Beinen fragt. Man verstehe sich als Post-Gender: Wiedersehen Kategorien! Tschüß du konservative ,Wir’ Konstruktion! Bye bye Ungleichbehandlung, hello world!

Das klappt vielleicht stückweit in der Virtualität (nach einem Blick ins Piratenwiki scheinen sich aber der Größteil der User_innen mit eindeutig zuordnenbaren Namen vorzustellen: Piratenweib/Flashgott -sehr beliebt auch die echten Vornamen, das schafft Transparenz, das schafft Zugehörigkeit) Spätestens am Stammtisch und in den Kommentaren wird dann deutlich, dass geschlechtliche Kategorien sehr wohl existieren. Plötzlich geht es um die Ausgrenzung der Männer, die Rede ist von ,Genderscheiß’, Lena aus der Partei auszuschließen wird vorgeschlagen und sich die Unterschiede von Mann und Frau zu Nutzen machen heißt u.a. auf dem wiki der Piratenpartei.

Klar das ist die poststrukturalistische Krux: Nur her mit der post-gender world in das www zu rufen und sich dann zurückzulehnen und Eier schaukeln (pardon Eierstöcke wiegen) und dann den Kolleginnen und ,Frauen’ im allgemeinen Schüchternheit (das wäre der Grund warum ,Frauen’ nicht genügen in der Basispartei vertreten sind) zu unterstellen, klingt für mich sehr nach près-gender-world. Man kann nicht von post-gender sprechen und gleichzeitig einen Stereotypenmarsch blasen.

In einem offenen Brief mit dem Titel “Vielfalt statt Grabenkämpfe” wird an die sog. Piratinnen appeliert einem Dialog beizutreten, indem man entgegenkommend etwas von tasächlicher Ungleichberechtigungshürden murmelt (Beispiel Lohnungleichheit), um dann das ganze abzuwürgen und jeglicher dialogfähigen Internetuser_in die Piratenpartei auf die nächsten Jahre unwählbar zu machen (passiv wie aktiv).

Da wird auf die leidige Betreuungssituation in der BRD aufmerksam gemacht (,Frau’ sein heißt ,Mama’ sein; das lernen wir schon durch die Gesetzesinitiativen der Bundesregierung, jetzt auch dank Köhler die Alternative: ,Pflegerin’ sein), und eine “gebührende Anerkennung der Mutterschaft”. Au das zwickt – Tief in den historischen Giftschrank gegriffen -vergoldetete Herdpremie. (Rühreipolitik a la Hermann) Um dann dem ganzen die Krone pardon die Augenklappe aufzusetzen. Eigentlich könnt ihr dass dann auch selber machen….oder? Ich meine 60er und 70er Jahre waren genug (hm, kann mich nochmals jemand aufklären, was nach den 70er Jahren kam, ….)

So sehr man einer Politikaktivstin aus einer Partei den Vorwurfs des Alleingangs machen kann (schließlich war die Pressemittelung ohne Absprache mit der Basis an die Medien gegangen), erhärtet sich der Verdacht, dass dieser Alleingang irgendwie damit im Zusammenhang stehen muss, dass eine basisdemokratische Auseinandersetzung über Gendersensibilisierung keine Pressemitteilung dieser Art zusammengebracht hätte (eben keine PM, die sich mit dem Thema ,Geschlecht’ aus politikkontroverser dekonstruktivistischer Persepektive annimmt, sondern eine, die dann einen schwammigen Kinderkonsens HerdMiau Plan ausgespuckt hätte).

Vielleicht war also dieses “Klar machen zum Gendern” ein notwendiger Schub, um etwas öffentlich zu diskutieren, was im geheimen ausgeknipst worden wäre um in ferner Zukunft wieder Anknüpfungspunkte zu liefern für eine Partei, die in ihren Kinderschuhen steckt und immer wieder und noch aufs Maul fällt. Und dieses aufs Maul fallen ist wahrscheinlich besonders spannend, da manch eine/r bei den altehrwürdigen Partei die Hoffnung bestimmte Denkmuster zu durchbrechen längst aufgegeben hat.