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Judith Butler: Frames of War. When Is Life Grievable?

Für alle die genauso ungeduldig sind wie ich, was sie am Berliner Judith Butler Vortrag Frames of War zu erwarten haben, gibt es hier eine Kurzzusammenfassung des aktuellsten und vorausssichtlich im April erscheinenden Buches von Judith Butler mit dem Titel Frames of War. When Is Life Grievable? Klingt ähnlich wie der Titel des Vortrags? Genau. Bitteschön:

This is a profound exploration of the current wars, looking at violence, gender and different forms of resistance. In “Frames of War”, Judith Butler explores the media’s portrayal of state violence, a process integral to the way in which the West wages modern war. This portrayal has saturated our understanding of human life, and has led to the exploitation and abandonment of whole peoples, who are cast as existential threats rather than as living populations in need of protection. These people are framed as already lost, to imprisonment, unemployment and starvation, and can easily be dismissed. In the twisted logic that rationalizes their deaths, the loss of such populations is deemed necessary to protect the lives of ‘the living’. This disparity, Butler argues, has profound implications for why and when we feel horror, guilt, loss and indifference, both in the context of war and, increasingly, everyday life. In this urgent response to increasingly dominant methods of coercion, violence and racism, Butler calls for a reconceptualization of the Left, one united in opposition and resistance to the illegitimate and arbitrary effects of state violence.

Judith Butler in Berlin

Tata! Diesmal werden wir das nicht verpassen:
Judith Butler kommt nach Berlin und hält die diesjährige Hegel -Lecture am Dahlem Humanities Center (DHC) der Freien Universität Berlin.

Titel des Vortrags “Frames of War”

Achtung! Der Vortrag von Butler ist räumlich verschoben worden ins

Audimax des Henry Ford-Baus
(Garystraße 35, 14195 Berlin-Dahlem) (U-Bahnhof Thielplatz).
Einlass ist ab 18 Uhr.
nicht das wir im falschen Gebäude warten und Butler verpassen….

Queer Theory und Kapitalismus

queere Kapitalismuskritik mit Katharina Pühl. Warum eigentlich ist Berlin so weit weg? Mist! Aber vielleicht findet sich ja jemand, der_die das ganze aufzeichnet und online stellt?

Zum Ausgleich hab ich den Text bei gender-killer gefunden, der zwar nicht mehr ganz neu, aber immer noch lesenswert ist:
Queere Politiken im Neoliberalismus? Von Katharina Pühl

Die Diskussion um das Verhältnis von queeren Politiken und Ökonomie wird oft in eine unheilvolle Gegenüberstellung gebracht: queere Politiken seien “nur” eine Intervention in kulturelle Codes und Identitäts-bezogene Politikmuster der Kritik von Heterosexualität, sagen manche KritikerInnen. Die postmoderne, angeblich vor allem sprachbezogene Kritik des Subjekts verbleibe auf einer Diskursebene, die den ihnen zugrundeliegenden politisch-ökonomischen Verhältnissen äußerlich bleibt oder sogar zu deren Entpolitisierung, gerade gegenwärtig, in der neoliberalen beliebigen Bezugnahme auf verwertbare Identitätsmuster, beitrage. Umgekehrt resultiert aus einer Ökonomie-zentrierten Kritik gesellschaftlicher Verhältnisse nur zu leicht eine “Ableitung” sozialer Kämpfe in der Sphäre von Kultur, die ihren “wahren” Widerspruch doch eigentlich im Verhältnis von Kapital und Arbeit hätten. Von manchen wird queerer Aktivismus als lediglich individuell-private Identitätspolitik als Antwort auf die Zweigeschlechternorm gelesen, die die strukturellen Widersprüche kapitalistischer Vergesellschaftung verkennt und ein subversives Außen suggeriert, das es nicht geben kann. Weiterlesen

Popfeminismus als linkes Vermächtnis oder kapitalistische Erneuerung?

Sonja Eismann in der Jungle World über Lauter eloquente junge Männer , der Poplinken, die älter werden, unter akutem Objekt- und Subjektverlust leiden und von shoppenden Popfeministinnen beerbt werden.

“Der euphorische Kulturalismus der damaligen Zeit wirkt freilich in seiner Naivität aus heutiger Sicht fast rührend. Wenn man als feministisches Kollektiv beispielsweise hoffnungsvoll blauäugig davon ausging, Shopping (als feminin kodierte Tätigkeit) könne ein Zeichen von Dissidenz sein oder weibliches Groupietum eine Form von Empowerment. Heute hingegen muss sich noch zeigen, ob der (Pop-)­­Feminismus das einzige linke Vermächtnis der Poplinken ist oder doch die vielgeschmähte Erneuerungsideologie des Kapitalismus. Schön wäre es ja, wenn im Gegenteil der Feminismus als emanzipatorische Kraft nun umgekehrt mal für alle sprechen könnte. Kann man sich ja mal wünschen.”

Kein Luxus Judith Butler!

Kein Luxus, eine Frage des Überlebens:

Und immer wieder die Frage, wem dieses theoretische Gelaber nützen soll? Wer definiert, was relevant ist? Für die, die getötet werden, weil sie anders gehen ist es relevant und für die die sich deshalb selbst töten auch.
Butler mal langsam zum mitdenken, auch für die, die immer noch glauben sich dauerhaft in intelligiblen Positionen eingerichtet zu haben:

„Ich würde sagen, dass es nicht eine Frage ist, eine neue Zukunft für Geschlechter herzustellen, die es noch nicht gibt. Die Geschlechter, die ich im Sinn habe, gibt es schon lange Zeit, aber sie wurden in den Begriffen, die die Realität bestimmen, nicht zugelassen. So ist es eine Frage, innerhalb des Gesetzes, innerhalb der Psychiatrie, innerhalb der sozialen und literarischen Theorie, ein neues, die Komplexität der Geschleter, die wir schon immer gelebt haben, begründendes Lexikon zu entwickeln. Weil die Normen, die die Wirklichkeit regieren, jene nicht als reale zugelassen haben, nennen wir sie notwendigerweise neue Geschlechter. Aber ich hoffe wenigsten, dass wir wissend lachen werden, wenn und falls wir dies tun. Wenn jemand meint, dass eine solche Theorie reiner Luxus ist, dann sollte er bedenken, dass der notwendige Hintergrund des Unbehagens der Geschlechter / der Geschlechterverwirrung eine Frage des Überlebens ist. Es geht um die Frage, wie einen Welt zu schaffen ist, in der diejenigen, die ihr Geschlecht und ihr Begehren als von der Norm abweichend verstehen, ohne die Bedrohung durch Gewalt von außen leben und sich erfolgreich entwickeln können. Und dies, ohne das andauernde Gefühl ihrer Unwirklichkeit zu haben, das zu Selbstmord führen kann und geführt hat, sowohl einem selbstmörderischen Leben als auch Selbstmord in einem ganz wörtlichen Sinne. Zuletzt würde ich fragen, welchen Platz das Denken des Möglichen innerhalb der politischen Theorie hat. Man kann einwenden: ‚Ah, aber du versuchst nur, die Geschlechterkomplexität möglich zu machen, doch das sagt uns nicht, welche Formen gut oder schlecht sind – es liefert nicht das Maß, die Norm.’ Und das stimmt. Es liefert nicht das Maß. Aber es gibt hier einen normativen Anspruch, und er hat zu tun mit der Fähigkeit, zu leben, zu atmen, und sich zu bewegen, und das würde ohne Zweifel zu einer Philosophie der Freiheit gehören. Der Gedanke eines möglichen Lebens ist nur für diejenigen Luxus, die sich selbst schon als möglich wissen. Für diejenigen, die immer noch auf diese Möglichkeit warten, ist diese Möglichkeit eine Notwendigkeit.“
[Zitiert nach Hannelore Bublitz: Judith Butler zur Einführung]

Judith Butler über Barack Obama

Nicht überschwänglich werden, meint auch Judith über Barack. Er ist kein Messias und feministische messianische Hoffnungen sind sowieso gruslig, finde ich. Da ist es doch eher beruhigend zu sehen, welche Öffentlichkeitsarbeit sein Redenschreiber betreibt.

In dem Text Uncritical Exuberance? schreibt sie wie der Wunsch nach Erlösung von der Bush-Regierung messianische Hoffnungen auf Barack Obama projiziert, die dieser nicht wird erfüllen können. Das Risiko, so Butler, dass der maßlose und kritiklose Überschwang über den Wahlsieg Obamas bald in eine ebenso maßlose Enttäuschung umschlagen könnte ist groß und sie fragt, welches Maß an Ernüchterung nötig ist, um eine kritische Politik wieder zu erfinden.

„Obamas Wahl heißt, dass das Terrain von Debatte und Kampf verschoben wurde, und es ist freilich ein besseres Terrain. Aber es ist nicht das Ende des Kampfes, und wir würden sehr dumm sein, es als solches zu betrachten, und sei es nur vorübergehend.“

Uncritical Exuberance? by Judith Butler

Kritikloser Überschwang? Obama als “Erlösung”
von Gerald Raunig ins Deutsche übersetzt. Danke.